Für Tagesmütter ist es manchmal nicht leicht, ihre Sprösslinge zu verstehen. Gerade die Ein- bis Zweijährigen können ihre Bedürfnisse mit Worten noch nicht so gut mitteilen. Wie Babyzeichen den Alltag mit Kleinkindern erleichtern, lernten 16 Tagesmütter aus dem Sauerland während eines zweitägigen Fachseminars.
Sie waren zum Teil neugierig, zum Teil auch skeptisch, was es mit der Babyzeichensprache auf sich hat. Die Rede ist von 16 Tagesmüttern aus Meschede, Hallenberg, Medebach, Schmallenberg, Brilon und Eslohe. Sie alle nahmen beim Tagesmütterverein in Meschede an einem Fachseminar über Babyzeichensprache teil. Zu Beginn ging es um die Grundladen. Die Tagesmütter erfuhren, dass bei der Babyzeichensprache einfache Handzeichen parallel zur normalen Sprache benutzt werden, um Gegenstände, Zustände und Gefühle aus dem Babyalltag zu beschreiben. „Ähnlich wie beim winke-winke, das man Babys immer wieder als Abschiedsgeste zeigt, ahmen die Kleinen auch viele weitere Handzeichen nach, wenn Eltern und Betreuer diese ihren Babys immer wieder zeigen“, erklärte die Referentin Mareike Dorda aus Sundern, selbst Mutter von drei Babyzeichenkindern.
„Viele Zeichen machen wir ohnehin schon beim Reden wie den Finger vor der Mund halten, wenn wir ,leiseʻ sagen, oder den Bauch reiben, wenn etwas lecker schmeckt. Auch zeigen wir mit dem Finger auf etwas oder winken jemanden heran, wenn er kommen soll. Vielen ist gar nicht bewusst, wie viele Gesten wir unterbewusst schon im Alltag verwenden.“
Babys können meist mit sechs bis neun Monaten winke-winke machen, aber noch nicht „Tschüss“ sagen. Auch können Sie schon mit dem Finger auf etwas zeigen. Ab diesem Alter können Babys auch einfache Handzeichen für Hunger, Schnuller, Buch oder Ball nachahmen und somit ihre Bedürfnisse ausdrücken. Denn die Motorik der Hände ist schneller entwickelt als die, die zum Sprechen benötigt wird. „Viele
denken, dass Babyzeichen das Sprechen ersetzen. Das stimmt nicht, denn ich nutze die Zeichen immer parallel zur Sprache. Dadurch überbrücken die Handzeichen nur das Stadium des Nicht-Sprechens“, so die Referentin weiter. Sobald die Kinder das Wort sprechen können, verliert sich das Zeichen von ganz alleine. Und durch die Zeichen lernen die Babys oftmals viel früher sprechen. Auch helfen die Handzeichen
Kindern, denen das Sprechen lernen schwer fällt.
Ihren Ursprung fand die Babyzeichensprache bereits in den 1980er Jahren in den USA, wo sie als vereinfachte Form der Gebärdensprache entwickelt wurde. Wissenschaftler hatten herausgefunden, dass hörende Kinder gehörloser Eltern mithilfe von Gebärden weitaus früher kommunizierten als ihre Altersgenossen ohne hörgeschädigten Elternteil. In Deutschland sind Kurse in Babyzeichensprache noch relativ neu, in den USA, England und Skandinavien sind sie bereits fester Bestandteil für junge Eltern, Au Pairs und Fachkräfte.
Den Tagesmüttern können die Babyzeichen den Alltag erleichtern. Denn viele der Sprösslinge können zwar Vieles verstehen, aber noch nicht sprechen, wenn sie das erste Mal zur Tagesmutter kommen. Mareike Dorda übte mit den Frauen im ersten Teil des Seminars über 50 Babyzeichen, die den Alltag erleichtern. Darunter Zeichen wie essen, trinken und müde, aber auch Zeichen für warte, noch mehr oder Windeln
wechseln.
Nach dem ersten Teil des Seminars hatten die Tagesmütter zwei Wochen Zeit, um die Zeichen im Alltag umzusetzen und auftretende Fragen zu sammeln. Im zweiten Teil ging es dann um den Erfahrungsaustausch und darum, weitere Zeichen für den Alltag mit den kleinen Sprösslingen zu lernen.
Tagesmutter Petra Daum aus Schmallenberg-Walbecke berichtete, dass sie bereits erste Erfolge mit den Zeichen hatte: Eines ihrer Tageskinder, das sich mit fast eineinhalb Jahren mit dem Sprechen lernen schwer tat, macht jetzt immer das Babyzeichen für trinken, wenn es Durst hat. Auch falle es ihm jetzt leichter, das Wort zu sprechen. Petra Daum setzt die Babyzeichen vor allem beim Singkreis, beim
Bücher lesen und natürlich für alltägliche Dinge ein.
Auch Tagesmutter Iris Rademacher aus Eslohe konnte schon gute Erfahrungen mit den Babyzeichen sammeln. Bei ihrem einjährigen Sohn sowie den Tageskindern stehen vor allem die Zeichen für essen, trinken, spielen und Musik hoch im Kurs. Auch die Verständigung mit einem über zweijährigen Kind mit Down Syndrom, das zu ihr zur Tagespflege kommt, ist dank der Babyzeichen möglich. „Die Kinder schauen mich aufmerksamer an, wenn ich rede und versuchen die Zeichen nachzuahmen“, hat die 31-Jährige beobachtet.
Die anfängliche Skepsis bei einigen Tagesmütter hat sich schnell gelegt. Alle waren sehr motiviert, den Betreuungsalltag mit Babyzeichen zu bereichern. Um weitere Zeichen zu lernen und sich über die Erfahrungen auszutauschen, planen die Tagesmütter ein weiteres Babyzeichenspracheseminar im Frühjahr.